Seit Oktober 2020 ist Marcus Scholz Geschäftsführer von elexon in Aachen. Das Unternehmen entwickelt und stellt in Deutschland Elektroladelösungen her und agiert als Anbieter von Ladeinfrastruktur und Energiemanagement.
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Seit Oktober 2020 ist Marcus Scholz Geschäftsführer von elexon in Aachen. Das Unternehmen entwickelt und stellt in Deutschland Elektroladelösungen her und agiert als Anbieter von Ladeinfrastruktur und Energiemanagement.

Inhaltsverzeichnis

bfp-Interview

Scholz: „Klein anfangen, perspektivisch denken. Das ist das Entscheidende beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur“

Der Geschäftsführer des Ladeinfrastrukturanbieters elexon, Marcus Scholz, spricht im Interview mit bfp FURHPARK und MANAGEMENT, wie ein E-Fuhrpark auch Kosten einsparen kann und worauf Fuhrparkmanager beim Planen einer Ladeinfrastruktur achten müssen.

Seit Oktober 2020 ist Marcus Scholz Geschäftsführer von elexon in Aachen und leitet das Unternehmen, das 2019 als Joint-Venture der SMA Solar Technology (SMA), Aix Control und aix ACCT charging solutions gegründet wurde. Marcus Scholz gilt als Mobilitätsexperte und ist seit vielen Jahren im Bereich moderner und bedarfsorientierter Mobilität aktiv. Vor der Position bei elexon war er Managing Director bei Belmoto in Hamburg. Davor mehr als vier Jahren als Director Corporate & Mobility Solution bei der europcar Mobility Group beschäftigt. Die Kundenseite kennt Scholz aus seiner Zeit als Head of Corporate Mobility Services der  Dürr AG.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Stolperfallen bei den ersten Schritten in Richtung E-Mobilität im Fuhrpark?

Scholz: Eines der großen Themen ist sicherlich die einfache und systemische Abrechnungsmöglichkeit. Ich komme aus dem Bereich Mobilität und Travel und kenne die Branche seit 15 Jahren. Viele Prozesse sind dort hochgradig digitalisiert – besonders der Bereich Abrechnung. Dank des Einsatzes von Tankkarten kennen wir im Bereich Fuhrparkmanagement heute keine Einzelbelege mehr. Doch beim Stromtanken sieht es anders aus. Besonders Dienstwagenberechtigte, die zu Hause laden, kommen bei der Abrechnung der Kosten in Verlegenheit. Viele Backends geben Daten für eine korrekte Abrechnung nur sehr rudimentär aus. Eine Integration in die gängigen ERP Systeme gibt es bisher kaum. Dies bedeutet für den Mitarbeiter einen hohen manuellen Aufwand und für Unternehmen unnötige Kosten. Denn auf der einen Seite steht der zeitliche Aufwand des abrechnenden Mitarbeiters und auf der anderen ein statistischer Kostensatz von rund 40-60 Euro für jeden anzurechnenden Einzelbeleg im Unternehmen. Dazu kommt die steuerliche Thematik, die entsprechend berücksichtigt werden muss.

Sie haben vor einiger Zeit bekannt gegeben, dass sie mit SAP ein Abrechnungstool entwickelt haben. Was hat es damit auf sich?

Scholz: Wir haben im letzten Jahr bei SAP ein Projekt speziell für den Fuhrpark begleitet. Als Basis diente ein Pilotprodukt von SAP, das schon in Frankreich erprobt wurde und das wir zusammen für den deutschen Fuhrparkmarkt und die speziellen Bedürfnisse der Fuhrparkmanager und Dienstwagennutzer optimiert haben. Wir waren die die Ersten, die soft- und hardwareseitig  eine Vollintegration in SAP umgesetzt haben und alle unsere Produkte sind SAP certified. Das heißt, der Dienstwagenfahrer muss nichts mehr im laufenden Betrieb machen, er muss nur einmal seinen Strompreis im SAP Backend eingeben. Der Fuhrparkbetreiber kann entscheiden, ob er noch einen Genehmigungsdurchlauf haben möchte und dann geht es über SAP-Concur direkt in die Abrechnung.  

Unsere Lösung eignet sich auch für Firmen, die ihren Mitarbeitern, die mit dem eigenen E-Auto zur Arbeit kommen, vergünstigt Strom zum Laden anbieten wollen. Hier können die Kosten für den geladenen Strom automatisch mit der Gehaltsabrechnung einbehalten werden.

Welche Voraussetzungen muss der E-Dienstwagennutzer zu Hause erfüllen?

Scholz:  Er muss eine SAP Certified  Wallbox haben. Dann spielen wir die SAP-Backendsoftware auf die Box und das war es.

Wallbox ist aber nicht gleich Wallbox. Das heißt, es muss eine intelligente Wallbox sein mit einem eigenen Stromzähler?

Scholz: Ja. Das muss generell im Interesse von Unternehmen sein. Aus meiner Sicht funktioniert Dienstwagenmobilität im Bereich E-Fahrzeuge nur, wenn Unternehmen verstehen, dass eine firmenseitige Subvention oder Förderung der privaten Wallbox sinnvoll ist, da Unternehmen so sicherstellen, dass der Großteil des geladenen Stroms sehr günstig bezogen werden kann. Diese Kombination kann 85 Prozent aller Ladevorgänge abdecken – auf der Arbeit und Zuhause. Ein Durchschnittspendler, das sind ungefähr 75 Prozent der Dienstwagennutzer, fährt täglich maximal 50 Kilometer. Und selbst ein Servicemitarbeiter oder Vertriebler fährt statistisch um die 120 Kilometer am Tag. Wenn Sie Zuhause einen vernünftigen Ökostromtarif mit ungefähr 30 Cent/kWh haben und auf der Arbeit einen nochmal günstigeren, um die 24 Cent/kWh, können sie teure Ladevorgänge an öffentlichen Ladesäulen größtenteils vermeiden. Denn das sind die eigentlichen Preistreiber im Ladekontext.

Doch wenn es nicht anders geht und der Mitarbeiter den Firmenwagen an einer öffentlichen Ladesäule laden muss? Gibt es hier auch eine zentrale Abrechnungsmöglichkeit, beispielsweise durch Zusammenarbeit mit einem Roaminganbieter?

Scholz: Ja, das ist technisch möglich, wenn unsere Kunden das möchten. Das können wir zusammen mit SAP mit jedem Roaminganbieter realisieren. SMA und elexon werden hierfür im ersten Quartal 2022 eine eigene Roamingkarte anbieten, sodass der Prozess noch integrativer für unsere Kunden wird.

Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen, eine eigene Ladeinfrastruktur aufzubauen?

Scholz: Mannigfaltige. Wir haben gerade einen Auftrag erhalten, bei dem wir in verschiedenen Ausbaustufen 180 Ladepunkte inklusive Photovoltaik-Installation und Solar-Carports umsetzen. Das ist die Königsklasse. Denn in der Zukunft ist  Ladeinfrastruktur Teil des Energiemanagements der Unternehmen. Das muss es zukünftig auch werden, denn es ist einerseits extrem netzdienlich und auf der anderen Seite bietet es hohe Einsparpotentiale für Unternehmen. Die Anzahl der E-Fahrzeuge wird in Unternehmen in den nächsten fünf Jahren sukzessive zunehmen – besonders die der Firmenfahrzeuge. Und hier sehe ich eine riesige Chance. Firmenwagen, die zu einem großen Teil nur zum Pendeln zwischen Wohnung und Büro genutzt werden, stehen dann den ganzen Tag herum und sind als Verbrenner regelrechte Platzverschwender. Als E-Fahrzeuge sind sie in Zukunft Batterien, um das Energiemanagement des Unternehmens zu optimieren. So können sie über den Vormittag, wenn der Strompreis über die Lastspitzen hochgeht, gegenpuffern. Und wenn es noch eine Solaranlage gibt, füllt man damit seine Speicher. Mit einem intelligenten Energiemanagement sind dann gegen 15 Uhr die Fahrzeuge wieder auf das Niveau gebracht, dass sie nach Hause kommen können, um da wieder mit dem Hausstrom aufgeladen zu werden. Dieses Szenario wird einen immensen Impact auf das Energiemanagement der Zukunft haben. Und danach sollte ein Unternehmen sich zumindest heute schon ausrichten.

Sollten Unternehmen bereits jetzt in ein solches Szenario investieren oder genügt eine Ladeinfrastruktur für den aktuellen Bedarf?

Scholz: Die 100-Prozent-Lösung ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht notwendig, aber wenn ich anfange in E-Mobilität zu denken, dann braucht es zwei Fragen: Wo will ich hin? Und welche Voraussetzung schaffe ich heute schon, damit ich für die Zukunft gerüstet bin und nicht doppelt zahle? Und da muss man nicht gleich 150 Ladepunkte aufbauen. Aber 10 aufbauen und die Möglichkeit für 40 oder 150 schaffen und dabei auch das Facility-Management mit einbinden, ist strategisch sinnvoll.

Und da sind wir bei dem Punkt. Das ist eine Riesenaufgabe, da verschiedene Akteure involviert sind und der Fuhrparkmanager zum Teil eine Schnittstelle in dem ganzen System ist.

Scholz: Richtig. Es gibt viel mehr Köche, die mitkochen als dies jetzt beim klassischen Verbrenner der Fall ist, da gibt es in der Regel nur den Fuhrparkmanager. Heute betrachten große Unternehmen den Fuhrpark zunehmend unter dem Gesichtspunkt der Corporate Social Responsibility Strategie. Dabei werden auch Kosten – gerade beim Verbrenner-Fuhrpark - neu bewertet. Der Fuhrparkmanager sitzt jedoch an der Schnittstelle und muss mit verschiedenen Akteuren verhandeln und dann die Realisierung umsetzten.

Sie haben uns eben ein schönes Zukunftsbild gezeigt, dass jedes E-Fahrzeug im Unternehmensfuhrpark einen eigenen Ladepunkt bekommt. Davon sind wir im Moment weit entfernt. Meist müssen sich 10 Fahrzeuge zwei Ladepunkte im Unternehmen teilen. Und wer zuerst kommt, lädt zuerst. Dadurch wird den anderen die Ladeinfrastruktur den ganzen Arbeitstag lang blockiert. Was kann man dagegen tun? Welchen Tipp würden Sie den Fuhrparkmanagern dazu geben?

Scholz: Das Unternehmen muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter, wenn der Ladevorgang beendet ist, zum Auto gehen können um umzuparken. Das fällt unter Arbeitszeit. Je nachdem, wie weit der Parkplatz entfernt ist, kann das 10-15 Minuten dauern. Wenn das nicht in den Köpfen angekommen ist, muss man zu „motivierenden“ Maßnahmen greifen, indem man z.B., wie im öffentlichen Bereich, mit einer Blockiergebühr arbeitet.

Es gibt Unternehmen, die mit dem Gedanken spielen, ihre Ladeinfrastruktur für Dritte zu öffnen. Was ist hierbei zu beachten?

Scholz: Man kann dadurch die Investitionskosten für die Ladeninfrastruktur optimieren. Die Abrechnung könnte mit einem EC-Karten-Terminal erfolgen. Aber mit einer Öffnung nach außen wird es ein öffentlicher Ladepunkt, der in Roamingsystemen ersichtlich ist. Dann ist das kein Firmenparkplatz mehr, sondern ein (teil)öffentlicher Parkplatz.

Es ergeben sich aber ganz andere Möglichkeiten, wenn man der Kreativität  ein wenig Raum lässt. Wir haben mit SAP über ein Deutschlandnetz auf Corporate Basis nachgedacht. Dabei könnten sich Unternehmen mit eigener Ladeinfrastruktur zusammenschließen und Mitarbeitern, die geschäftlich unterwegs sind, das Zwischenladen auf dem jeweiligen Firmenparkplatz ermöglichen. Keiner müsste teuren Strom an öffentlichen Ladesäulen beziehen, da man sich auf einen Deutschland-Corporate-Netzpreis geeinigt hat. Man könnte die Idee auch noch erweitern. Dann könnten Geschäftsreisende, die mit ihrem E-Firmenwagen zum Beispiel von Heidelberg Richtung Walldorf unterwegs sind, bei SAP einen Ladestopp einlegen und noch ein vergünstigtes Mittagessen dort in der Kantine bekommen. Denn mit der Ladekarte wird er als „Corporate Netz“ Mitarbeiter erkannt und erhält Zugang zur Kantine - dann wird das richtig interessant.

Welchen Tipp geben Sie einem Fuhrparkmanager, wenn er jetzt mit dem Projekt betraut wird, den Fuhrpark zu elektrifizieren?

Scholz: Klein anfangen, perspektivisch denken. Das ist das Entscheidende. Direkt die entsprechenden Stakeholder, die zwangsläufig dazukommen, im Unternehmen mitnehmen und vielleicht am Anfang ein wenig in die Beratung investieren. Man kann viel Geld verschenken, wenn man am Anfang nicht die richtigen Schritte einleitet. Denn Tiefbaumaßnahmen z.B. sind der teuerste Bereich im Aufbau der Ladeinfrastruktur und müssen vorher gut geplant sein. Oder wenn ein Trafo erweitert werden muss, weil er am Standort nicht ausreicht, sollte schon dann in die richtige Dimensionierung des Trafos für die Zukunft investiert werden. Die Ladepunkte sind dabei nicht das Teuerste. Auch einen vernünftigen Anbieter zu finden, ist nicht schwer, da gibt es mehr als elexon, die im Industriebereich auch Erfahrung haben, keine Frage.

Doch der wichtigste Tipp ist: Nichts überstürzen und nicht - ich sage es jetzt böse - wenn ein Geschäftsführer sagt, ich möchte drei Ladeboxen anschaffen, direkt in die Umsetzung gehen. Sondern darüber nachdenken, was wirklich im Unternehmen perspektivisch notwendig wäre, um den gesamten Fuhrpark zu elektrifizieren. Und das heißt nicht, dass man es gleich tun muss, sondern nur, dass man daran denkt, was später nötig ist.

Herr Scholz, vielen Dank für das Gespräch.

Chefredakteur Clemens Noll-Velten (links) auf dem bfp FORUM im Gespräch mit Mateo Sotomayor, Director Fleet Charging beim Ladeinfrastrukturanbieter Digital Charging Solutions (DCS)                                                                                                                           

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