Enyaq iV hat Skoda sein – abgesehen vom in homöopathischen Dosen verkauften Citigo-e iV – erstes vollelektrisches Auto getauft. Das „Q“ am Namensende verrät es Kennern auf den ersten Blick: Beim Elektro-Skoda handelt es sich um ein SUV. Wobei: So richtig SUV ist der Enyaq eigentlich gar nicht, eher ein Crossover, das unterschiedliche Fahrzeuggattungen in sich vereint. Eine gehörige Portion SUV ist natürlich drin, aber auch eine spürbare Prise Kombi, vielleicht auch ein bisschen Van. Was der Enyaq iV 80 als zweitstärkste Variante der Baureihe in der Praxis kann, klärt unser Test.
Enyaq iV 80: Elektrisch, aber typisch Skoda
Optisch reiht sich der Enyaq iV nahtlos in die Skoda-Familie ein. Der typische Grill, breite Leuchten vorn und hinten, eine große dritte Seitenscheibe – so kommen auch konventionell angetriebene Skoda daher. Typisch Enyaq und typisch Elektroauto sind die weit nach vorn gezogene Windschutzscheibe und die kurze Haube. Nicht dass Octavia, Superb und Co. mit Haubenlängen im Achtzylinder-Stil daherkämen – beim knapp 4,65 Meter langen Enyaq aber wirkt die Haube noch ein bisschen mehr aufs Wesentliche reduziert. Außerdem markant: die großen Räder. 19-Zöller sind Serie beim iV 80, maximal gibt es 21-Zoll-Räder, auf denen auch unser Testwagen stand. Leichtmetallfelgen sind Standard – mit einer Ausnahme: die Basis Enyaq iV 50 rollt mit 18-Zoll-Stahlfelgen vom Band.
Wie alle kompakten bis mittelgroßen Elektroautos aus dem Volkswagen-Konzern steht auch der Enyaq iV auf der MEB-Plattform. Bedeutet viel Platz auch für die Fondpassagiere und – für Skoda fast schon Ehrensache – 585 bis 1.710 Liter Gepäckraumvolumen. Das Enyaq-Interieur dominiert der kapazitive 13-Zoll-Touchsreen (Basis: 10 Zoll), auch traditionelle Instrumente gibt es nicht im Skoda Enyaq: Geschwindigkeit und alle anderen relevanten Informationen lesen Fahrerinnen und Fahrer vom 5,3-Zoll-Digitalinstrument hinter dem Lenkrad ab. Was uns gut gefiel: Anders als zum Beispiel im extrem reduzierten VW-ID.3-Innenraum hat man im Enyaq das Gefühl, in einem ganz normalen Auto zu sitzen und nicht in einem Raumschiff. Auch die Wahl der Fahrstufe erfolgt ganz traditionell in der Mittelkonsole und nicht wie im VW etwas unhandlich hinter dem Lenkrad neben dem Tacho. Nichts zu meckern gab es auch bei Materialqualität und Verarbeitung.
Praktische Enyaq-Reichweite: rund 370 Kilometer
204 PS leistete unser Enyaq iV 80, und wie bei allen Standard-MEB-Modellen sitzen Motor und Antrieb im Heck. Die reichen für spurtstarke und zügige Fahrten, allerdings ist der Enyaq auf Tempo 160 begrenzt. Ein Beitrag zur Energieeffizienz, auf die wir jetzt zu sprechen kommen. Laut Prospekt schafft der Enyaq iV 80 mit seiner netto 77 kWh großen Batterie mehr als 500 WLTP-Kilometer. Und in der Praxis? Zeigte der Bordcomputer bei 98 Prozent Akku-Füllstand knapp 370 Kilometer an und bei den empfohlenen 80 Prozent um die 300 Kilometer. Ein Wert, mit dem man auch in der Praxis planen kann.
Verbraucht haben wir im Schnitt 22,8 kWh Strom ja 100 Kilometer, was deutlich über den NEFZ-Werten von maximal 15,8 bis 15,6 kWh, aber absolut im erwartbaren Rahmen liegt. Zumal wir den Enyaq auf der Autobahn wie ein ganz normales Fahrzeug behandelt haben. Sprich: Unsere Langstrecke von Karlsruhe nach Hamburg legten wir nicht mit höchstens Tempo 100, sondern eben mit den üblichen 130 oder 140 km/h zurück. War es an der Zeit zu laden – dreimal auf unserer Strecke –, standen an der Schnellladesäule maximal 125 kW Ladeleistung zur Verfügung. Klar, in der Praxis erreicht man die meistens nicht ganz, trotzdem war der Akku nach einer geruhsamen Kaffeepause von 20 auf 80 Prozent gefüllt. Laut Skoda dauert die Füllung von 10 bis 80 Prozent 33 bis 38 Minuten. Auch das ein Wert, der aus unserer Sicht erreichbar ist in der Praxis.
Kleiner Wendekreis im elektrischen Skoda
Was uns sonst noch auffiel am Enyaq? Der Tscheche ist – abgesehen von der manchmal noch lückenhaften Ladeinfrastruktur auf Autobahn-Raststätten – ein Elektroauto, das sich ideal auch für längere Strecken eignet. Neigt sich der Akkustand dem Ende zu, errechnet das Navi bei programmierter Route automatisch den optimalen Ladestopp. Das Fahrwerk arbeitet zwar auch im Enyaq nicht ganz so souverän wie aus anderen Konzern-Produkten bekannt, federt aber eben auch nicht so hart und unharmonisch ab wie im VW ID.3. Gefallen hat uns auch der typische kleine Wendekreis, der Fahrten in der Stadt jeden Schrecken nimmt.
Drei Punkte gefielen uns weniger gut. Erstens: Das kabellose Smartphone-Laden funktionierte nur mit Unterbrechungen. Also: Lieber ein Ladekabel auch fürs Handy mitnehmen auf die große Fahrt. Zweitens: Die Sprachsteuerung fürs Navi war ausbaufähig. Sie verstand uns nicht immer auf Anhieb. Und drittens: die optische Leistung der Rückfahrkamera bei Nacht. Denn was man hier sieht, ist vor allem eins: Dunkelheit. Wer Hindernisse auch nach Sonnenuntergang erkennen möchte, muss schon ganz genau hinschauen.
Welche Enyaq-Ausstattung? Das Fahrprofil bestimmt
Vier Enyaq-Varianten stehen in der Preisliste, aber welchen nehmen? In erster Linie hängt das ab vom individuellen Fahrprofil. Denn Enyaq iV 50, iV 60, iV 80 und iV80x sind keine motorenunabhängigen Ausstattungsversionen, sondern kommen immer mit unterschiedlicher Leistung und/oder Akkugröße.
Los geht es mit dem Enyaq iV 50 mit netto 52 kWh großem Akku und 148 PS. Mit 362 Kilometern WLTP-Reichweite eignet er sich für den täglichen Pendel-Einsatz im regionalen Umfeld. Mit 58-kWh-Akku und 412 Kilometern Reichweite liegt der iV 60 nicht deutlich darüber, bietet mit 180 PS aber mehr Wumms unter der Haube. Für alle, die viel Kurzstrecke fahren, lautete unser Tipp deshalb eigentlich Enyaq iV 50 (ab 28.403 Euro; alle Preise netto zzgl. USt.). Eigentlich, denn wer die Basis wählt, muss auf Extras wie das Matrix-LED-Licht, die Wärmepumpe zur Steigerung der Akku-Effizienz, Parksensoren vorne oder auch die Rückfahrkamera komplett verzichten. Auch Anhänger dürfen nur die größeren Enyaq ziehen. Unser Tipp auch für Kurzstreckenfahrer also: der Enyaq iV 60 ab 32.647 Euro. Für ihn sind alle wesentlichen Features serienmäßig oder zumindest gegen Aufpreis bestellbar.
Wer den Enyaq wie wir auch auf längeren Touren und ohne zu häufige Ladestopps einsetzen möchte, kommt allerdings um den iV 80 nicht herum (ab 36.933 Euro). Mit 204 PS, 77 kWh-Akku und laut WLTP bis zu 536 Kilometer Reichweite ist er auch für Langstrecken gewappnet. Auch wenn unser Testexemplar auf maximal rund 370 Kilometer Anzeige kam – mit den kleineren Versionen würde man wohl noch öfter an der Ladesäule stehen.
Eine reine Frage des Vergnügens dagegen ist, ob man sich das aktuelle Spitzenmodell Enyaq iV 80x gönnt. Mehr Power gibt es dann, nämlich 265 PS, vor allem aber mehr Grip: denn der stärkste Enyaq kommt mit zwei Motoren und Allradantrieb (ab 39.496 Euro).
Der Skoda Enyaq iV 80 in der Kurzkritik:
Plus:
- Viel Platz
- Kleiner Wendekreis
- Hohe Langstreckenqualitäten
Minus:
- Schlechte Sicht durch Rückfahrkamera bei Dunkelheit
- Sprachsteuerung des Infotainments
- Bei kurzen Stößen unharmonisches Fahrwerk
Technische Daten Skoda Enyaq iV 80:
- Fünftüriges, fünfsitziges SUV
- Länge/Breite/Höhe: 4.649/1.879/1.616 mm
- Antrieb: Heckantrieb mit Eingang-Automatik
- Motor: Elektromotor – Permanentmagneterregte Synchronmaschine
- Leistung: 150 kW (204 PS)
- Max. Drehmoment: 310 Nm bei 0 – 6.000 U/min
- Reichweite (WLTP): > 500 km
- Kapazität Lithium-Ionen-Batterie (netto/brutto): 77/82 kWh
- Ladeleistung (AC/DC): 11/125 kW
- Ladedauer AC 0 – 100 %: 8:00 h
- Ladedauer DC 10 – 80 %: 00:33 – 00:38 h
- Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
- Beschleunigung 0-100 km/h: 8,5 s
- Norm-Verbrauch NEFZ: 15,8 – 15,6 kWh
- Testverbrauch: 22,8 kWh
- CO2-Emission (WLTP): 0 g/km
- Kofferraumvolumen: 585 – 1.710 l
- Zuladung: 305 – 522 kg
- Effizienzklasse: A+++
- KH/VK/TK: 13/21/22
- Wartung: 24 Monate/30.000 km
- Grundpreis Testwagen netto: 36.933 Euro
- Stand: Oktober 2021
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